Basar
für Chachapoyas
Einige
Wochen vor dem ersten Advent geht es wieder los: die Vorbereitungen
für den Chachapoyas-Basar laufen an.
Die
hektische Tätigkeit in den letzten Wochen betrifft mehr die
Präsentation, die Dekoration des großen Pfarrsaals, die
Einkäufe für die Getränke, die Listen für die
Salat- und Kuchenspenden.
Der
neueste Trend für die Gestaltung der begehrten Advent-Kränze
und -Gestecke ist natürlich längst erfasst, bevor es in
aller Herrgottsfrühe auf den Blumen-Großmarkt geht, um
dort die für dieses Jahr unverzichtbaren modischen,
verkaufsfördernden Dekorationsmaterialien zu erstehen.
Wegen
der Herstellung dieser Gestecke soll auch schon mal ein teures
Möbelstück ruiniert worden sein, ist von den Beteiligten zu
hören: für Chachapoyas ist uns eben nichts zu schade...
Es
ist aber nicht ganz korrekt, zu glauben, nur in den wenigen Wochen
vor dem ersten Advent würde für den Basar gearbeitet. Kinder
haben Weihnachtskarten gebastelt.
Die
unvergessene Edith Schumski hat das Obst aus ihrem Garten im Sommer
zu riesigen Mengen zuckersüßer Marmelade verarbeitet. Und
jedes Glas hatte seinen Preis! Ihre Marmelade war nicht billig. Sie
war auch nicht davon abzubringen, die Gläser auf dem Deckel
stehend zu präsentieren. Schließlich hatte sie es immer
schon so gemacht und die Methode hatte sich bewährt. Marmelade
gibt es immer noch. Doch nun wird sie nach anderen Rezepten gekocht.
Es
müssen eine Menge der beliebten „Nuss-Beigli“
gebacken und hübsch verpackt werden, delikate Liköre
werden angesetzt, Konfekt geformt. Das geht nicht so schnell und muss
sorgfältig organisiert werden.
Das
Ehepaar M. bastelte das Jahr hindurch Holzspielzeug, Frau M. bemalte
in minutiöser Detailtreue Seidentücher und Kissenhüllen.
Inzwischen weilen die beiden leider nicht mehr unter uns und neue
Bastelideen sind gefragt.
Der
Basar beschäftigt einige von uns über einen längeren
Zeitraum recht intensiv.
Am
Christkönigsfest spenden die Kinder Spielzeug und Bücher
für den Kinder-Basar: freilich ist durchaus nicht jede „Spende“
brauchbar und unbeschädigt. Rigoros muss das aussortiert werden,
was unverkäuflich ist, weil es eigentlich auf den Müll
gehört. Blaue Müllsäcke sind unverzichtbar, leider.-
Das
Jahr hindurch können die Gemeindemitglieder ihre Spenden im
Pfarrhaus oder beim Küster abgeben. Ganz besonders freuen sich
die „Basar-Manager“ über Haushaltsauflösungen
mit brauchbarem, gut erhaltenem Hausrat.
Und
natürlich Antiquitäten und Schmuck: Die Vitrine auf der
Bühne steht unter der Regie des Pfarrers. Und es sind meist
einige hübsche Sachen dort zu finden.
Gleich
wenn man den großen Pfarrsaal durch die linke Tür betritt,
findet man am Samstagabend rechts den großen Topf, in dem
aromatisch der Glühwein dampft: liebevoll mit blättrig
geschnittenen Mandeln und Rosinen verfeinert.
Gleich
daneben kann man ständig frisch gebackene Waffeln bekommen, nun
schon von den herangewachsenen Pfadfindern gebacken, die am Basar
2000 auch fleissig als (fast) professionelle Kellner mit langen, von
einem der Väter genähten Schürzen die zahlreichen
Gäste bedienten.
Frau
B. hat es nicht leicht. Sie betreut die langen, im Geviert
aufgestellten Tische mit dem, was man wirklich „Trödel“
nennen muss: bunt gemischt ist das Angebot und umfasst
Kosmetikartikel, Keramikkrüge und -Teller, schon mal ein
Weihwasserbecken, ein Likörservice und Modeschmuck ... und, und,
und. Man sollte sich Zeit nehmen, ihr Angebot zu studieren. Manchmal
lohnt es sich wirklich, die Tische mehrmals zu besichtigen.
Unterstützt
wird sie von einigen Damen aus dem Familienkreis. Am Basar-Wochenende
hat jede von ihnen einen hübschen, selbstgebastelten Anstecker,
der sie als Angehörige des Teams kennzeichnet. Jede der Damen
hat ein Geldtäschchen und darf kassieren.
Der
GEPA-Stand bietet ein reichhaltigeres Angebot, als es normalerweise
auf dem schmalen Tisch im Vorraum der Kirche Platz hat: T-Shirts,
mit leuchtenden Farben phantasievoll gestaltet, Holzarbeiten und
hübsche kleine Basteleien aus Asien, Afrika und Südamerika
sind zu finden, Kerzen, Tücher, Karten, Gewürze, Kaffee und
Tee.
Wer
sich für aparte Leckereien interessiert, sollte hier
vorbeischauen: raffinierte Marmeladen, Frucht-Liköre, Konfekt,
und die schon erwähnten „Nuss-Beigli“ stapeln sich
appetitlich verpackt.
Tradition
ist für den Samstag-Abend des ersten Advent die „Elsässer
Weinstube“.
Der
Zwiebelkuchen oder die Quiche Lorraine werden Portion für
Portion in der Mikrowelle auf-gewärmt. Der Clubraum ist mit
Kerzen gemütlich beleuchtet und lädt zum Plaudern ein.
Da
nicht alle Gäste im Clubraum sitzen können, gibt es auch
eine Reihe von Bierzelt-Tischen und Bänken im Vorraum des
Gemein-dehauses. Dort ist der Geräusch-pegel nicht gerade
niedrig, weil hier natürlich viele Kinder zu finden sind.
Eröffnet
wird der Basar am Samstag-Abend nach der Vorabend- Messe, gegen 19.00
Uhr.
Es
hat sich gezeigt, dass nur rigoroses Abschließen vorzeitige
Basar-Besucher im Zaum halten kann. Dichtgedrängt warten sie
schon lange vor der offiziellen Eröffnung hinter der Glastür
auf Einlass: Aussicht auf „Schnäppchen“ hat nur, wer
früh genug das Angebot begutachten kann...
Für
die Mitarbeiter, die die Vorabend-Messe besucht haben, ist es nicht
ganz einfach, sich bis zu ihrem „Arbeitsplatz“
hindurch-zuarbeiten und Frau B., die den Schlüssel verwaltet,
zu signalisie-ren, dass man eingelassen werden möchte.
Endlich
ist die Vorabend-Messe beendet und dann ergießt sich der Strom
der Kauflustigen in die Räume.
In
der Bücherstube wird es schnell zu eng. Klein ist sie ohnehin.
Die
vielfältigen Spenden lassen sich oft genug nur noch vielen
„Grabbelkisten“ zuordnen. Die potentiellen Käufer
sind auf „Schnäppchenjagd“ und wollen am liebsten
einen teuren Kunstband für 5,- DM bekommen oder für einen
noch aktuellen und vor allem: bestens erhaltenen Krimi von dem
berühmten Henning Mankell allerhöchstens 2.-- DM
ausgeben...
Leider
alles vorgekommen.
Zum
Glück gibt es auch die großzügigen Besucher, die
durchaus „für den guten Zweck“ die geforderte Summe
aufrunden.
Auch
in der Bücherstube musste im Vorfeld ordentlich aussortiert
werden.
Was
wir nicht alles anbieten sollen! Da gibt es einen Strassenatlas von
1975: für Historiker unentbehrlich. . . .
Vermoderte,
stockfleckige, alte Bücher: wären sie in gutem Zustand,
würde man sich freuen.
Aber
sie haben einfach zu lange in einem feuchten Keller gestanden.
Uralte
Software, einstmals sehr, sehr teuer, die bei uns aber unerwartet
doch noch einen Liebhaber fand!
Zerflederte
Heftchen, fromme Traktätchen, politische Literatur älteren
Datums, Ausstellungskataloge, die nur noch elegant aussehen aber
bestimmt keinen mehr interessieren, Spezialisten ausgenommen.
Besonders
peinlich war folgende Begebenheit: Unter den Spenden befand sich auch
eine große Plastiktüte mit billigen Roman-Heftchen. Es war
uns ziemlich klar, wohin die gehörten, natürlich in den
Karton mit dem Abfall!
Am
Sonntag stellte sich eine alte Dame ein, die unser Angebot sorgfältig
prüfte. Schließlich fragte sie, ob wir auch Roman-Heftchen
hätten. Auf unsere abschlägige Antwort meinte sie, sie
hätte doch eine ganze Tüte davon gespendet... Wir konnten
uns nur mit einer Notlüge aus dieser peinlichen Affäre
ziehen.-
Es
ist auch schon vorgekommen, dass uns wegen der Preise Vorwürfe
gemacht wurden. Wir machten ja keinen Unterschied zwischen Händlern
und Privatkunden! Wie sollten wir denn die einen von den anderen
unterscheiden?? Und wie sollten wir den Händlern gegenüber
wohl höhere Preise durchsetzen?? Wenn wir unsere „Ware“
aus solchen Gründen zurückhalten, riskieren wir nur, dass
noch mehr unverkauft liegenbleibt und das Brauchbare für den
nächsten Basar wieder in die Kartons und Schränke hinter
der Bühne wandert, davon aber ganz bestimmt nicht besser wird.
Trotz
aller „Problemchen“ am Rande bringt die Bücherstube
doch immer eine ganz hübsche Summe ein.
Spannend
ist in jedem Jahr, wie die Eltern-Kindgruppe, eine Krabbel-Gruppe für
die Kleinsten, ihren Raum gestalten wird.
2000
war er in eine „Märchenstube“, wunderhübsch
mit einem dunkelblauen, sternübersäten Vorhang vor der Tür
verwandelt. Im Herbst zuvor hatte uns Heinrich Dickerhoff ein
Wochenende über Märchen gehalten, das auch eine
Extra-Lesestunde für die Kleinen enthielt.
Auf
dem Kinder-Basar wuseln die Kinder herum und halten Ausschau nach
einem Spielzeug, das sie noch nicht haben und sich vom Taschengeld
leisten können. Die Eltern versuchen
derweil, die
Begehrlichkeit der Kleinen ein wenig zu dämpfen. Alle
Kinderzimmer sind eigentlich voll genug...
Junge
Eltern und Grosseltern finden vielleicht preiswert eine Wickelauflage
oder einen Kindersitz fürs Auto.
Die Angebote
sind oft sehr gut, von überlebensgroßen Stofftieren einmal
abgesehen, Eltern schätzen derlei nicht. Doch für sie
begeistern sich nun einmal die Kinder!
Und
wenn die Schlacht geschlagen ist, das Gemeindehaus wieder in seinem
„Alltagsgewand“ dasteht, brauchen die zahlreichen Helfer
erst mal eine Verschnaufpause.
Allzu
lang darf sie freilich nicht sein: bald ist ja Weihachten...
Ursula
Storck
Anmerkung:
Der Text wurde mehrfach überarbeitet. Die erste Version entstand
im Jahr 2000.
U. S.
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