Liebe Gemeinde,
vor kurzem fiel mir eine Weihnachtskarte aus dem Jahr 1946 in die
Hände, auf der Maria und Josef mit dem Kind zu sehen sind in der
ausgebombten Stadt, umgeben von zum Teil ausgemergelten Gestalten mit
ihren paar Habseligkeiten. Mich hat diese Karte sehr ergriffen, weil
ich selber als Kind diese Notzeiten nach Kriegsende spürbar erfahren
habe. Diese Darstellung zeigt eine tiefe Wirklichkeit vom
weihnachtlichen Festgeheimnis: Jesus wird Mensch und hinein geboren in
eine ganz konkrete Zeit und Welt, um-dorthin sein Heil zu bringen.
So malen eben Afrikaner die heilige Familie in dunkler Hautfarbe,
die Chinesen in gelber und der Hintergrund der heiligen Familie wird
auch immer etwas von dem kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld
wiedergeben, ein Zeichen der Inkulturation, der Heilsbotschaft von
Weihnachten in allen Ländern, Sprachen und Kulturen.
So ist das inzwischen weltbekannte Salzburger Adventssingen
inmitten aller Not und Armut der Nachkriegszeit im Advent 1945
entstanden. Damals kam eine kleine Schar von Spielleuten und Sängern in
Salzburg zusammen, um alte Hirtenlieder zu singen und den genau 46
Zuhörern herzhaft heitere Musik vorzuspielen. Von Jahr zu Jahr wurde
der Kreis der Zuhörer größer und daraus entwickelte sich das berühmte
"Salzburger Adventssingen". Wenn die Glocken den Advent einläuten, die
"stillste Zeit im Jahr", versammeln sich die Menschen um teilzunehmen
an diesem bezaubernden Brauch.
Karl Heinrich Waggerl, der auch das Salzburger Adventssingen
kannte, sagt: "Advent, das ist die Zeit, in der das Jahr zu verwelken
scheint. Das Herz wird einem schwer, weil der Sommer so flüchtig ist.
Bei uns in den Bergen verschwenderisch, ja stürmischer als anderswo,
aber so kurz. Und dann geschieht es doch einmal, dass der verhangene
Himmel in den Adventnächten aufbricht, und ein glänzendes Gestirn tritt
hervor: Der Stern der Verheißung. Denn immer noch ist Maria unterwegs
mit dem Zimmermann auf der Suche nach einer Heimat für das Kind. Und
das kalte Herz der Mitmenschen treibt sie umher auf der Flucht vor dem
Hochmut der Mächtigen. Das ist die Mahnung des Advent: Haltet die Türen
eurer Herzen
offen für die Botschaft und für die Freude, die bei euch einkehren
will. So gesehen ist der Advent eine Zeit der Zuversicht und der
gläubigen Hoffnung."
Einen besinnlichen Advent und ein gesegnetes frohes Weihnachtsfest
inmitten aller Sorgen und Schwierigkeiten wünsche ich uns von Herzen,
Ihr Pfarrer Michael Schlede
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