Katholische
Pfarrkirche
MATER
DOLOROSA
Berlin-Lankwitz,
Kurfürstenstr. 59
Sonntag,
24. Juni 2007, 17.00 Uhr
G
e i s t l i c h e s K o n z e r t
LÉON BOËLLMANN
1862
– 1897
Suite gothique, op. 25
Introduction-Choral
- Menuet gothique - Prière à Notre Dame - Toccata
ANTONIN DVOŘÁK
1841
– 1904
Vier
biblische Lieder aus op. 99:
Rings
um den Herren sind Wolken und Dunkel – Sieh auf mich, denn du bist
mein Schutz und Schild – An den Wassern von Babylon – Gott ist
mein Hirte
CÈSAR FRANCK
1822
– 1890
Prélude,
Fugue et
Variation, op.18
A
N T O N I N D
V O Ř Á K
Vier
biblische Lieder aus op. 99:
Herr,
o mein Gott, laß ein neues Lied mich Dir singen – Hör, o
Vater, wie ich Dich bitte – Wende Dich zu mir, sei gnädig
meiner Not – Mein Auge hebt zu den Bergen sich
CÈSAR FRANCK
Choral
a-moll
___________________________________
Judith
Utke,
Alt (Komische
Oper Berlin)
Siegfried
Pokern, Tenor (Staatstheater
Braunschweig)
Hans
Peter Simonett, Orgel
Drei
der vier Werke dieses Konzertes sind in dem engen Zeitraum zwischen
1890 und 1895 entstanden, lediglich Francks op.18 ist ein
Vierteljahrhundert älter. Zwischen den drei französischen
Orgelwerken besteht ohnehin ein enger stilistischer Zusammenhang.
Aber auch die Kompositionen Dvořáks sind trotz ihres ganz
anderen Idioms gut als religiöse Musik aus dem Geist des
ausgehenden 19. Jahrhunderts zu erkennen.
Boëllmann
war
am Ende seines kurzen Lebens in Paris als Virtuose geschätzt und
zunehmend als Komponist erfolgreich. Die Suite
gothique
aus dem Jahre 1895 ist sein bekanntestes Werk geworden. Der Titel mag
zuerst befremden, zumal noch das Menuett, ohnehin schon in einem
Orgelwerk des ausgehenden 19. Jahrhunderts eine ungewöhnliche
Satzbezeichnung, dann noch als gotisch bezeichnet wird.
Vergegenwärtigt man sich beim Hören jedoch optisch und
akustisch die gotischen Kathedralen Frankreichs, wird der Titel schon
verständlicher, hinzu kommen noch ungewöhnliche harmonische
Wendungen im einleitenden Choral, die eine archaische Wirkung
andeuten; diese Archaismen verband man damals auch mit dem Begriff
gotisch.
Man
kann die ganze Komposition als illustrative Musik auffassen, in der
geschildert wird, wie jemand zum Beten in die Kirche geht und
unerwartet vom gewaltigen Orgelklang ergriffen wird. – Da man nicht
sieht, wann der Organist beginnen will, kann der ungemein laute
Anfang auch im heutigen Konzert ganz im Sinne der Komposition
überraschen, wenn nicht gar erschrecken. – In der Schilderung
„sieht“ der Kirchenbesucher dann eine feierliche Prozession,
versenkt sich selbst ins Gebet und verläßt schließlich
unter Orgelbrausen wieder die Kirche.
Gleichzeitig
ist das Werk aber unmittelbare und ernsthafte Musik. Wenn die
Introduction
mit großer Tongewalt zu Beginn einen Choral anstimmt, werden
wir in den leisen Echopartien schon auf einen persönlichen
Bereich verwiesen mit der subjektiven Antwort auf den lauten
allgemeinen Choral. Der direkt anschließende zweite Satz hat
zwar die Form eines barocken Menuetts,
der Charakter ist aber in seiner Verfremdung ganz weit vom Tanz und
von barockem Empfinden entfernt, er wirkt dabei heiter-feierlich. Das
Zentrum des Werkes ist der in den Rahmenteilen sehr langsame Satz:
Prière
à Notre Dame
läßt als persönliches Gebet des Komponisten dem
Interpreten wie dem Zuhörer den eigenen Deutungsraum. Die
weitgespannten Melodiebögen haben einen innigen Ausdruck. Im
dynamisch ausufernden Mittelteil wird das Bitten drängender, das
Gefühl intensiver. Der letzte Satz, die virtuose Toccata
behält
wie in einer Litanei den Gestus der ständig zu wiederholenden
Bitten bei, bis nach großer dynamischer Steigerung und
harmonischer Komplizierung in der Kadenz der Moll-Charakter in einen
strahlenden C-Dur-Akkord mündet.
Dvořák
war
ein vielseitiger Komponist; von kleinen Klavierstücken bis zur
großen Symphonie und zur Oper reicht die Spanne seines Wirkens.
Unter seinen zahlreichen Liedern nimmt der Zyklus „Biblische
Lieder“ mit seinen zehn Gesängen nach Psalmentexten eine
Sonderstellung ein; die Lieder sind im Frühjahr 1894 entstanden,
ein Jahr nach seiner letzten Sinfonie („Aus der Neuen Welt“) und
unmittelbar nach der Vollendung des Requiems. Innerhalb der sonst
weltlichen Gattung des Liedes finden sich hier Inhalte der
Kirchenmusik. Die Lieder sind ein Zeugnis der tiefen Frömmigkeit
des Komponisten. Aus der ihm vertrauten alten tschechischen
Übersetzung der Psalmen hat er sich solche Partien gesucht, die
zu unterschiedlichen Gelegenheiten passen, zu Jubel und Klage, zu
Trauer und Gottvertrauen. Die deutsche Textfassung von
Fischer-Dieskau versucht, der Diktion des tschechischen Idioms
nachzugehen.
Die
Komposition war ursprünglich für eine Altstimme und Klavier
gedacht. Aber schon bald nach der Fertigstellung dieser Erstfassung
bearbeitete Dvořák einige Lieder auch für großes
Orchester. Insofern ist die Übertragung auf die Orgel durchaus
legitim. An einigen Stellen gibt es technische Probleme zu lösen,
wenn typische Klavierfiguren den Orgelmöglichkeiten nicht
entsprechen, in anderen Partien verleiht dafür der farbige Klang
der Orgelregister den Liedern dem Klavierklang gegenüber eine
noch größere Intensität.
César
Franck
gehört zu den einigermaßen bekannten Komponisten des 19.
Jahrhunderts. Seiner Symphonie begegnet man immer wieder in den
Konzerten der bedeutenden Orchester, auch in der Kammermusik gehören
einige Werke zum festen Bestand. Am häufigsten aber werden wohl
seine Orgelwerke zu hören sein. Als Organist und als Lehrer am
Conservatoire in Paris hatte sich Franck in den letzten beiden
Jahrzehnten seines Lebens hoher Wertschätzung erfreuen können.
Mit seinen Hauptwerken wie den Opern und seinem hörenswerten
Oratorium Les
Béatitudes
hatte er dagegen weniger Erfolg, denn er hatte eine höchst
persönliche musikalische Sprache gefunden, an die man sich erst
gewöhnen mußte. Sein Schüler Paul Dukas verwies
darauf, daß kein Musiker Francks Autorschaft selbst bei einer
unbekannten Phrase verkennen könne.
Das
dreiteilige Werk Prélude,
Fugue et Variation ist
insgesamt eine besinnliche Komposition von empfindsamer Lyrik. In
ihrer ersten Fassung war sie für Klavier und Harmonium gedacht.
Das zeigt die eher kammermusikalische Idee des Werkes an und weist
auf den auch in der Orgelfassung bestimmenden Klang hin.
Das
einleitende leise Prélude
ist
ein dreistimmiger Satz mit deutlicher Dominanz der Oberstimme. Diese
Melodie weitet sich zu immer neuen Bögen, bei denen der
Zuhörer schwerlich Wiederholung von Variation oder
Fortspinnung gleich wird unterscheiden können – ein
Stilmittel, das in lyrischen Partien der französischen Musik am
Ende des 19. Jahrhunderts typisch wird.
Nach
einer kurzen Überleitung in kräftigen Akkorden folgt eine
Fuge,
deren Thema, das fast immer anwesend ist, ähnlich der Melodie
des Präludiums von innerer Dynamik lebt. Dies läßt
vergessen, daß sich eine Melodie auf der Orgel nicht durch
unterschiedliche Anschlagsart in der Lautstärke
modifizieren lässt; der Interpret muß dieser Intention
durch eine flexible Agogik folgen. Eine durch Auszierung der
Mittelstimme gewonnene Variation
des
ersten Teils rundet das introvertierte Werk ab.
César
Franck hat in seinem letzten Lebensjahr drei größere
Orgelwerke, die ihrem Aufbau nach in die Tradition der symphonischen
Dichtungen gehören, „Choral“
genannt. Was dann innerhalb der Komposition in a-moll unmittelbar als
„Choral" empfunden wird, ist aber weder eine gregorianische
Melodie noch ein neueres Kirchenlied. Der Komponist erfindet nach Art
des Chorals seine eigene Melodie; da sie untextiert bleibt, ist das
dann für den Hörer ein sehr persönliches Gebet. Es
wird eingerahmt durch schnelle, unruhige Figurationen und dissonante
Klangballungen, die abrupt ohne eine logische Fortsetzung stehen
bleiben. Die Melodiezeilen des „Chorals" erklingen immer ganz
leise. In einem langen Mittelteil (adagio) wird in der Art einer Arie
erst im Sopran, dann in der Mittelstimme ein ganz subjektiver Gesang
dem ohnehin schon persönlichen „Choral"
gegenübergestellt. Im virtuos gestalteten Schlußteil mit
seiner großen Klangsteigerung werden die „Choral“-Melodie
und die unruhige Figuration des Beginns miteinander verknüpft.
Was anfangs ein Gegensatz war, ist nach der langen symphonischen
Entwicklung zur Einheit geführt.
Si.
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Ich
weise jetzt schon auf ein Konzert an gleicher Stelle hin und lade
dazu ein: Daniel Stabrawa, 1. Konzertmeister bei den Berliner
Philharmonikern und Primarius des Philharmonia Quartetts wird mit mir
spielen. Es werden u. a. Werke von Bach und Reger erklingen:
Sonntag,
7. Oktober, 17 Uhr