Bußtag, 21. November - 20.00 Uhr Benefizkonzert zu Gunsten von Zwangsarbeitern auf kirchlichen Friedhöfen: BRAHMS "REQUIEM"Londoner Fassung, Kantorei Marienfelde, Adina Walletin-Weisenberg, Sopran; Frank Mathias Bariton; Norbert Ochmann, Thomas Richter, Klavier; Leitung: Peter-Michael Seifried Einlass 19.40 Uhr Dorfkirche Marienfelde Info-Tel.: 711 20 71 / 773 62 99 12277 Berlin, Alt-Marienfelde S-Marienfelde, Bus X-11, 111, 172, 177, 183, 277 Tageskasse (Spende), Platzreservierung (gilt bis 19.55 Uhr): PMSConcert@t-online.de oder 773 92 214 (Anrufbeantworter) ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ Herr Tschaly ist fünfundsiebzig Jahre alt und lebt in dem ukrainischen Dorf Viktoria. Viktoria heißt ja Sieg, und obwohl er einem Volk angehört, das über den deutschen Faschismus gesiegt hat, kann man nicht sagen, dass er zu den Siegern im Leben gehört. Er war sechzehn Jahre alt, als ihn deutsche Wehrmachtssoldaten (also nicht nur die SS war an solchen Grausamkeiten beteiligt!) zusammen mit anderen jungen Leuten aus seinem Dorf Popiwka verschleppten und er nach Deutschland deportiert wurde. Hier, in Berlin, mußte er dann Zwangsarbeit leisten, auf einem Klrchhof einer evangelischen Gemeinde. Bis zu achtundzwanzig Gräber hatte er an einem Tag auszuheben, nur mit Schippe und Spaten. Gehen Sie einmal auf unseren Kirchhof in Marlenfelde und fragen Sie dort unsere Arbeiter, was dieses Tagespensum bedeutet. Zur schweren Arbeit kam der ständige Hunger, denn auf "seinem" Kirchhof bekam er nichts zu essen. Und die Verpflegung im Arbeitslager bestand aus nicht viel mehr als einer Wassersuppe. Das Lager lag auch auf einem kirchlichen Friedhofsgelände, in Neukölln. Etwa hundert Insassen hatte es; sie alle arbeiteten bei der Kirche, vor allem auf Kirchhöfen. Mehrere Berliner Kirchengemeinden, fast alles evangelische, hatten sich zusammengetan, damit dieses Zwangsarbeiterlager errichtet und betrieben werden konnte. Zu dem ständigen Hunger und der schweren Arbeit kam die harte Behandlung. Noch heute zitiert Dmytro Antonowitsch Tschaly auf Deutsch die Worte, mit denen er angeredet wurde: "Hund" und "Schwein". Er arbeitete nicht auf dem Marlenfelder Kirchhof; aber auch diese Gemeinde hatte "ihren" Zwangsarbeiter. Sein Name ist uns (noch) nicht bekannt und wir wissen auch nicht, ob er noch lebt. Eine Arbeitsgruppe unserer Kirche versucht, dem Schicksal dieser hundert Menschen, die während der Hitlerzeit für die Kirche haben arbeiten müssen - und das unter menschenunwürdigen Bedingungen - nachzugehen und (soweit das heute noch möglich ist) ein Stück weit zu helfen. Von Wiedergutmachung oder Entschädigung darf man nicht reden. Eine Frau aus unserer Gruppe, Frau Gerlind Lachenicht, war in der Ukraine und hat Herrn Tschaly in seinem Dorf aufgesucht. Sie ist der erste deutsche Mensch, mit dem er nach knapp sechzig Jahren geredet hat. Erst durch sie hat er erfahren, dass er bei der Kirche gearbeitet hat! "Ich hatte ja noch immer gehofft, dass es dort wenigstens etwas menschlicher zugegangen sei als in anderen Lagern. Aber das ist leider eine fromme Selbsttäuschung gewesen. Seit meiner Mitarbeit in unserer Arbeitsgruppe, die vom Generalsuperintendenten Passauer geleitet wird, weiß ich es - leider - besser!" Als Frau Lachenicht Herrn Tschaly die eintausend DM überreichte, die wir zuerst einmal für jeden, den wir noch auftreiben können, vorgesehen haben (sie hat das Geld privat vorgeschossen), schlug er seine Hände vors Gesicht und weinte. Es ist das erste Geld, das er für die Zeit vom 15. September 1942 bis zum 28. April 1945, dem Tag seiner Befreiung, erhielt. Zwei Herzinfarkte hat er hinter sich. Er kann das Geld gut gebrauchen, wie alle anderen Betroffenen auch. Vor allem für medizinische Versorgung und dringende Notwendigkeiten, die man sich bisher nicht leisten konnte: endlich neue Zähne, endlich eine neue Brille, endlich das undichte Dach reparieren lassen... Zweitausend DM zahlte die Kirchengemeinde Marienfelde in den Hilfsfonds ein. Weiteres Geld brauchen wir direkt von Ihnen. (Spendenziel: DM 4000.-) Am Buß- und Bettag, 21. November um 20.00 Uhr veranstaltet die Kantorei unter der Schirmherrschaft unseres Generalsuperintendenten Passauer ein Benefizkonzert in der Dorfkirche Marlenfelde. Unter der Leitung von Kreiskantor Peter-Michael Seifried wird das "Requiem" von Johannes Brahms in der Londoner Fassung erklingen. Der "Eintritt" soll in Spendenform erfolgen. Ohne jeden Abzug soll dieses Geld in den Entschädigungsfond gehen. Je nach Betroffenheit und Möglichkeit bitten wir um eine Spende von mindestens DM 20.- . Dies wäre das Äquivalent für eine Stunde harter Zwangsarbeit. Auch wenn Sie nicht in das Konzert kommen, können Sie sich beteiligen. Sie können auf folgendes Konto überweisen (bis DM 100.- gilt die Überweisung als steuerlicher Spendennachweis, bei höheren Beträgen bitten wir um Ihre Adressenangabe unter Tel. 030-75 750 200 um die Spendenquittung übersenden zu können) KVA Bln. Nord-Süd; Postbank Berlin 100 100 10 Konto. Nr.: 280 131 00; Verwendungszweck: KK- 0300.78 Zwangsarbeit Brahms
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