Der Heilige des Monats:

Papst Leo I., "der Große" (10. November)

In der zweitausendjährigen Geschichte des Papsttums und damit in der langen Reihe von 265 Päpsten wurde nur zweien von ihnen der Beiname "der Große" gewährt. Neben Gregor - der in unserem Monatsheft vom Sept. 99 vorgestellt wurde - ragte nur Leo (440 - 461) so weit hervor, dass er wenigen anderen weltgeschichtlichen Persönlichkeiten gleichgestellt wurde.

Über Leo, um 400 in der Toskana geboren, setzt die Überlieferung erst ein, als er zum Archidiakon von Papst Coelestin berufen wird. Schon acht Jahre später wird er zum Papst gewählt, obwohl er sich gerade im tiefsten Gallien aufhält.

Von Beginn seiner Amtszeit an stabilisierte er das Papsttum, indem er es entpersonalisierte und auf das Erbe Petri gründete. So stellte er fest, "dass im Nachfolger Petri der geehrt wird, der in sich auf ewig die Sorge aller Hirten vereint und auch bei einem unwürdigen Nachfolger nichts von seiner Würde einbüßt." In dieser Auffassung des Hirtenamtes trat er konsequent und unermüdlich für die Lehre der jungen Kirche gegen damals geläufige Irrlehren, etwa der des Manichäismus oder des Pelagismus, ein und scheute auch nicht die Auseinandersetzung mit der Kirche des Ostens. Ihrer Auffassung, Christus habe nur eine göttliche Natur, setzte Leo die Lehre von der Gleichrangigkeit von göttlicher und menschlicher Natur entgegen. Das Konzil von Chalkedon (451) bestätigte Leos Auffassung eindeutig. "Petrus hat durch Leo gesprochen!" war die Meinung der Konzilsteilnehmer. Später wurde er in den Rang eines Kirchenvaters erhoben.

Daneben konsolidierte er mit gleichem Eifer die Rechte und den Einfluss der Kirche. Den weströmischen Kaiser Valentinian veranlasste er zur staatlichen Anerkennung des Vorrangs des Bischofs von Rom. Dermaßen autorisiert ordnete er die kirchliche Hierarchie in Nordafrika, Gallien und Illyrien und setzte einen päpstlichen Legaten am Kaiserhof von Byzanz ein, um stets über die Lage im oströmischen Reich informiert zu sein.

Dass er schon zu Lebzeiten fast wie ein Heiliger verehrt wurde, verdankt er seiner Persönlichkeit, deren Ausstrahlung seine Mitmenschen sofort in den Bann zog. So reiste er dem Hunnenkönig Attila entgegen und hielt ihn vom weiteren Vordringen nach Italien ab - ein unglaubliches Ereignis in Anbetracht der Macht und bisherigen Grausamkeit der asiatischen Invasoren. Auch den nicht minder gefährlichen Vandalenführer Geiserich brachte er drei Jahre später unter persönlichem Einsatz davon ab, Roms Bevölkerung - wie üblich - mit Mord und Brand zu überziehen. Eine vierzehntägige Plün-derung der Stadt konnte freilich auch Leo den beutegierigen Germanen nicht ausreden.

In all den Wirrnissen seiner Amtsperiode fand Leo doch auch immer wieder die Kraft, eine umfangreiche Korrespondenz zu führen und Ansprachen und Predigten zu verfassen, die durch die Klarheit der Lehre und die Tiefe des Glaubens überzeugen. Sein Stil weist ihn als einen sehr gebildeten Mann aus.

Aus den vielen überlieferten Texten schöpft die Kirche auch heute noch Kraft und Orientierung. Sicherlich wird er nicht an sich selbst gedacht haben, als er folgende Gedanken zur Heiligenverehrung verfasste: "Über diesen Schutz, meine Lieben, der uns von Gott als Vorbild der Geduld und zur Festigung des Glaubens bereitet ist, sollen wir ganz allgemein beim Gedächtnis aller Heiligen glücklich sein... Wir selbst haben es erfahren und unsere Vorgänger bestätigen es:

Wir glauben und vertrauen, dass uns das Gebet dieser Schutzpatrone stets in allen Mühen des Lebens helfen muss,

 

die Huld Gottes zu erlangen; wenn die eigenen Sünden uns niederdrücken, wollen wir uns durch das Wirken der Heiligen aufrichten lassen."

Leo I., ein Heiliger, ein "Großer"? Die Ähnlichkeiten mit Gregor dem Großen sind freilich augenfällig: eine überragende Persönlichkeit, ein unerschütterlicher Glaube, seinen Mitmenschen Stütze und Halt in den bedrohlichsten Situationen, ein unermüdlicher Einsatz für das leibliche und seelische Heil der Menschen.

Er starb am 10. November 461 und wurde als erster Papst in der kostantinischen Petersbasilika beigesetzt. Sein großzügiges Grabdenkmal im heutigen Petersdom stammt aus der Barockzeit und zeigt ihn in der Auseinandersetzung mit Attila.

Leo wird meist in päpstlichem Ornat dargestellt, mit Tiara, Papstkreuz und Evangelienbuch. Auch im Kampf mit einem Drachen, dem Symbol des irdischen Bösen, sieht man ihn bisweilen.

J. Schweier

 

 

  

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