Liebe Frauchen, liebe
Herrchen,
zwischen Tugend und Untugend besteht ein
Riesenunterschied. Jeder weiß das. Was aber Tugend
oder Untugend ist, darüber gibt es durchaus
Meinungsunterschiede. So gibt es Leute - und zu denen
gehört auch mein Herrchen, die glauben, Steine mit
hohem Lärm- und Kraftaufwand auszugraben, sie in
der Gegend herumzuschleppen und schließlich
irgendwo an verstecktem Ort im Pfarrhaus zu deponieren,
sei ein Laster. Ich weiß nicht warum;
schließlich kann er aufpassen, wohin er tritt,
dann stolpert er auch nicht. Ich dagegen sehe in meiner
Steineschlepperei eher eine Tugend. Denn erstens macht
es mir großen Spaß (wobei ich zugebe, dass
dieses Argument nicht das kräftigste ist),
zweitens läßt sich dabei mein Beitrag zum
symbolischen Steinberg in der Kirche erkennen. Denn
niemand muß jetzt mühsam über die Felder
kriechen und sich Steine zusammensuchen; sie liegen
vielmehr in großer Menge auf den Fensterbrettern
im Pfarrhaus. Denn in den Momenten, in denen mein
Herrchen glaubt, ich merke es nicht, sammelt er sie von
den Verstecken auf dem Fußboden auf und versteckt
sie seinerseits an Orten, von denen er irrtümlich
glaubt, ich kenne sie nicht. Somit ist wohl eindeutig
klar, wer hier bei der Beurteilung von Tugend oder
Untugend recht hat.
Seit meiner Rückkehr aus den
Alpen, in denen ja nicht nur Jugendliche der Pfarrei
Sonne und Schnee genossen haben, finde ich es zu Hause
ausgesprochen schön, hier auch im Schnee
herumspringen zu können. Und da für einen
kleinen Hund (man bedenke die Perspektive) schon ein
Schneehaufen aussieht wie ein großer Berg, bin ich
in meiner Vorstellung schon wieder in den Alpen, wobei
ich hier freilich ganz anders verwöhnt werde als
unterwegs. Die Eigenart eines kleinen Hundes, sich
(fast) überall wohlzufühlen, scheint mir eine
Auszeichnung zu sein, um die ich gewiß manchmal
beneidet werden.
Wenn Ihnen,
geneigter Leser, in diesen Zeilen auffällt, dass
hier neue und alte Rechtschreibung munter durcheinander
sich vertragen, so liegt das daran, dass Frau Piel beim
Entstehen dieser Seite schon (ich meine natürlich
"endlich") Feierabend hat und nun nicht mehr mit
strengem Rotstift auf dem Bildschirm mir meine
Unzulänglichkeiten bewußt macht.
Mit fröhlichem Gebell aus dem
Pfarrhaus, Ihr Klostermixdackel Moses.
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