Die Heilige des Monats
Theresia von Jesu Gerhardinger
Heilig ist sie - noch - nicht - sie
wurde 1985 von Papst Johannes Paul II selig
gesprochen.
Am 9. Mai begehen die Armen
Schulschwestern von Unserer Lieben Frau
(Abkürzung: SSND) den Festtag ihrer
Ordensgründerin, der seligen Mutter Theresia, die
wegen des Namens oft mit Mutter Theresa von Kalkutta
verwechselt wird.
Wie kam es zu der
Ordensgründung, die das Lebenswerk Mutter
Theresias und zugleich Gottes Werk in ihrem Leben
wurde?
In Regensburg, wo Karolina
Gerhardinger – so ihr Taufname – 1797
geboren wurde und bei den Notre-Dame-Frauen in die
Klosterschule ging, erlebte sie Anfang des 19.
Jahrhunderts das Wüten Napoleons und den Brand der
Stadt Regensburg. Die anschließende
Säkularisation brachte die Schließung dieses
Klosters und das Ende der Mädchenschule mit sich.
Karolina, die gerade 12 Jahre alt war, wurde vom
Dompfarrer Michael Wittmann mit zwei Gefährtinnen
zusammen zur "Königlichen Lehrerin" ausgebildet.
Obwohl sie selbst erst ganz andere Pläne gehegt
hatte, erkannte Karolina in diesem Ruf den Willen
Gottes. Sie spürte auch den Wunsch in ihrem
Herzen, darüber hinaus ein geistliches Leben in
Gemeinschaft zu führen. Langsam bereitete der
Dompfarrer die kleine Gemeinschaft darauf vor und
unterstützte die Neugründung eines Ordens,
der sich besonders der Erziehung der armen Mädchen
widmen sollte.
1833 begann die kleine Schar in
Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz das
klösterliche Leben. Obwohl der Anfang schwierig
und von der Bevölkerung nicht gern gesehen war
– Kommentar der Neunburger:" Die eineinhalb
Nonnen können wieder gehen!" -, entwickelte sich
sowohl die Schule als auch das kleine Kloster rasant.
Immer mehr junge Mädchen baten um Aufnahme, und
Mutter Theresia – wie Karolina nun hieß
– sah die notvolle Enge und Armut als
Herausforderung für ihr Gottvertrauen, von dem
viele Briefe Zeugnis geben.
Nach zehn Jahren waren bereits
einige Filialen in Bayern entstanden, aber Mutter
Theresia suchte für die Ausbildung der jungen
Schwestern zu Lehrerinnen nach einem geeigneteren
Mutterhaus. Von König Ludwig I. erhielt sie das
ehemalige Klarissenkloster "Am Anger" in München,
das sie nach ihren Vorstellungen herrichten und umbauen
ließ. Aus dieser Zeit stammt der anerkennende
Ausspruch des Königs bei einem Besuch auf der
Baustelle: Diese Frau weiß, was sie will, und was
sie will, ist groß gedacht!"
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts
hatte sich die neue Kongregation der Armen
Schulschwestern bereits über Bayern hinaus nach
Westfalen, Schlesien, Böhmen, Österreich,
Ungarn und England ausgebreitet. 1847 erging der Ruf
aus Nordamerika, auch hierhin mit Schwestern zu kommen,
um den deutschen Aussiedlern Schulunterricht zu geben.
Mutter Theresia machte sich selbst mit fünf jungen
Schwestern auf den weg, erkundete das unbekannte Land,
erfuhr viele Schwierigkeiten und Widerstand, doch
letztlich ließ sie die Schwestern in der Ferne und
kehrte nach München zurück.
In Europa setzte der Kulturkampf
1875 dem Orden zu, doch wenn an mancher Stelle ein Haus
geschlossen werden musste, so konnte dafür an
anderer Stelle Neues beginnen.
Große innere Kämpfe hatte
die Ordensgründerin auszustehen, als es um die
Anerkennung der klösterlichen Regel ging. Nach dem
Willen des Dompfarrers sollte die Gemeinschaft, um die
Einheit der Schwestern zu wahren, nur von einer
Generaloberin geleitet werden ohne einen Priester oder
Bischof an ihrer Seite. Diese Kompetenzen für eine
Frau erschien vielen als ungehörig. Sogar die
Exkommunikation drohte ein Bischof der
Ordensgründerin an, sagte ihr Hochmut und
Machtbesessenheit nach und wollte die Schwestern gegen
ihre Oberin aufbringen. Doch das gelang ihm nicht. Die
Schwestern und alle, die das Anliegen der zentralen
Leitung verstanden, wussten, dass es Mutter Theresia
nicht um sich selbst, sondern um das "Werk Gottes"
ging, wie sie ihren Orden nannte. Schließlich kam
die Genehmigung aus Rom: Die eingereichte Regel wurde
anerkannt unter der Leitung einer Generaloberin
für die gesamte Kongregation – ein Novum in
der Kirchengeschichte.
Bei Mutter Theresias Tod am 9. Mai
1879 zählte die Kongregation etwa 3000 Schwestern
in 166 Filialen in Europa und 134 in Nordamerika.
Nach dem Tod der
Ordensgründerin ging die Ausbreitung des Ordens
weiter. Heute sind Arme Schulschwestern in vielen
Ländern Europas, in Nord-, Mittel- und
Südamerika, in Afrika, in Japan und auf Guam
vertreten. Aus Neapel und Pakistan sowie aus Sierra
Leone mussten sich die Schwestern in den letzten Jahren
aus politischen Gründen zurückziehen.
In der Blütezeit der
Kongregation zählte sie über 8000 Schwestern,
heute sind es noch etwa 4300. Die zentrale Leitung
half, auch in schweren Zeiten während des Dritten
Reichs und des Weltkrieges zusammen zu halten. Viele
Ordensgemeinschaften trennten sich in dieser Zeit von
ihren amerikanischen Mitschwestern, uns gelang es
– trotz der politischen Spannungen – die
Einheit zu wahren.
Nach dem Krieg gründeten aus
Schlesien vertriebene Schwestern des Ordens 1948 noch
in schwierigen Notzeiten in Berlin die Katholische
Schule St. Marien im Bezirk Neukölln, um ihren
Auftrag gemäß jungen Menschen durch Bildung
und Erziehung zu helfen. Schwestern dieser
Gemeinschaftleiteten auch andere katholische Schulen in
Berlin – so Sr. Ehrentrud die Katholische Schule
St. Alfons.
Was macht Mutter Theresia in unserer
Zeit bedeutsam?
Sie war eine Frau des Glaubens, die
auch in Schwierigkeiten auf die Führung Gottes
vertraute und es deshalb immer wieder wagte,
Herausforderungen anzunehmen. "Gottes Werke gehen
langsam und leidvoll, danach aber stehen sie umso
fester und blühen desto herrlicher auf." Dieses
Zitat aus einem ihrer vielen Briefe steht auf ihrem
Grab in München.
Sie war realistisch und konnte die
Zeichen der Zeit verstehen. Mutig ging sie bisher
ungewohnte Wege, gründete nicht große
Klöster mit Schulen für "höhere
Töchter", sondern kleine Gemeinschaften auf dem
Lande, dort, wohin sonst niemand ging. Dabei brachte
sie konsequent die Anforderungen der erbetenen Aufgaben
mit ihren Vorstellungen der klösterlichen
Lebensweise in Einklang – und die Vorschriften
waren damals noch weit strenger als heute.
Die Arbeit in den Schulen der Armen
Schulschwestern und die Ausbildung zur Lehrerin galten
schnell als vorbildlich in Bayern. Für die
Ausstattung der Schulen galt nicht die sonst für
die klösterliche Einrichtung bestimmende
Armut.
Auch Mutter Theresias Mut, sich
konsequent als Frau in der damals wenig
frauenfreundlichen Welt durchzusetzen, sich selbst
gegen Bischöfe und Fürsten zu stellen und
dies mit einer natürlichen Demut zu verbinden,
weil sie sich selbst als Dienerin Gottes sah, ist eine
Haltung, die uns heutzutage Vorbild sein kann.
Sr. M. Dominica Michalke (SSND),
Leiterin der Katholischen Schule St.
Hedwig in Petershagen
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