Der Heilige des Monats
Hl. Johannes der Täufer (24. Juni)
"Unter allen Menschen gibt es keinen
größeren als Johannes."
Dieses große Wort wäre
wohl im Strom der Jahrhunderte untergegangen, wenn es
nicht Christus selbst gesprochen hätte (LK 7,28).
Wer ist diese ungewöhnliche Erscheinung, von der
alle Evangelisten berichten?
Johannes, Sohn des jüdischen
Priesters Zacharias und seiner Ehefrau Elisabeth, fiel
bereits durch außergewöhnliche Geschehnisse
vor und bei seiner Geburt auf. Zacharias, bis ins hohe
Alter kinderlos geblieben, erhielt vom Erzengel Gabriel
die Prophezeiung, ihm werde ein Sohn geboren. Elisabeth
wurde während der Schwangerschaft von Maria
besucht, die bei ihr bis zur Geburt blieb. Johannes
wurde wohl in En-Karim, 7 km westlich von Jerusalem im
Bergland von Judäa, etwa ein halbes Jahr vor
Christus geboren. Entgegen der Familientraditionen
befiehlt der Erzengel den Eltern den Namen Johannes
(hebräisch = "Gott ist gnädig")
"Was wird wohl aus diesem Kind
werden?" (LK 1,66) fragten sich alle, die von den
besonderen Umständen der Geburt Kenntnis erhielten
und darin "die Hand des Herrn" erkannten.
Johannes muss sich wohl schon
früh als Asket in die Wüste
zurückgezogen haben. Dort kam er vermutlich in
Kontakt mit den Essenern, einer jüdischen
Glaubensgruppe, die mehrere Niederlassungen in der
Wüste unterhielt. Wahrscheinlich gehörte dazu
auch Qumran, wo 1947 von einem Hirtenjungen eine
große Menge von Handschriften vor allem aus dem 2.
und 1. Jahrhundert vor Christus entdeckt wurde. Dieser
Fund eröffnete wichtige Einsichten in die
Überlieferung der Hl. Schrift sowie in die
verschiedenen Strömungen der jüdischen
Religion. Inwiefern sind diese Essener von Interesse?
Ihr Glaubensgut weist offensichtlich eine Reihe von
erstaunlichen Parallelen zum frühen Christentum
auf, so dass von Einzelnen immer wieder gemutmaßt
wurde, dass sogar Christus Essener gewesen sei. So wird
berichtet: "Den Reichtum verachten sie, und ihr
Gefühl für die Gemeinschaft ist
bewundernswert. Man findet bei ihnen auch niemand, der
mehr besitzt als die anderen, denn nach ihrem Gesetz
müssen jene, die sich ihrer Sekte anschließen
wollen, ihr Hab und Gut an die Gemeinschaft
übertragen! Auf diese Weise trifft man bei ihnen
weder auf erniedrigende Armut noch auf Reichtum, der
überheblich macht, vielmehr wird der gesamte
Einzelbesitz zu einem einzigen brüderlichen
Gemeingut ...."
Darüber hinaus wird ihre
Gemeinde von den "Zwölf" geleitet, sie preisen die
"Armen im Geiste", kennen "Friede auf Erden den
Menschen seiner Gnade" und die liebevolle Nachsicht
anderen gegenüber. Das hervorstechende Merkmal ist
freilich ihre Erwartung der bevorstehenden
Gottesherrschaft, derentwegen sie sich scharf von der
übrigen Welt zurückziehen und abgrenzen.
Der heutige Stand der Forschung
sieht hierin Überschneidungen zwischen Johannes
und den Essenern, mehr jedoch deutliche Unterschiede in
anderen Bereichen. Wodurch wird Johannes so
bedeutend?
Die einzigen direkten Daten in den
Evangelien legt sein Auftreten in der
Öffentlichkeit auf die Jahre 27/28 n. Christus
fest. Er empfindet den Ruf Gottes, dem Volk die Taufe
zur Vergebung der Sünden und den Anbruch der
Gottesherrschaft zu verkünden. In seinem
Selbstverständnis betrachtet er sich als der
unmittelbare Bote für das Erscheinen des Herrn,
als "Rufer in der Wüste", der die Menschen
wachrüttelt, sie zur Bekehrung aufruft und auf das
Heilgeschehen hinweist.
Er schreckt nicht vor harten
kompromisslosen Worten zurück ("ihr
Schlangenbrut") und gibt selbst das Beispiel eines
Büßerlebens: (Mt.3,4). Er trägt ein
gewand aus Kamelhaaren und ernährt sich von
Heuschrecken und wilden Honig. Seine Zuhörer
werden von seiner Botschaft erschüttert, bekennen
ihre Sünden und lassen sich in großer Zahl
taufen.
Sein Verhältnis zu Jesus
klärt sich in der kurzen Zeit ihres gemeinsamen
Wirkens. Ohne Zweifel erklärt dieser den
Täufer als seinen wegbereitenden Vorläufer.
Umgekehrt muss dieser noch aus dem Gefängnis
heraus sich des wahren Messias versichern, obwohl er
bereits bei der Taufe Jesu im Jordan durch die Worte
Gottes: "Das ist mein geliebter Sohn" erste Gewissheit
über Jesu Sendung gewonnen hat und diese
Gewissheit in die Worte fasst, die wir in jeder
heiligen Messe vernehmen: "Sehet das Lamm Gottes, das
die Sünde der Welt hinwegnimmt."(Joh 1,29). Er
muss sogar seine eigenen Gefolgsleute davon
überzeugen, dass Christus und nicht er die
Offenbarung vollendet. Johannes steht somit an einer
wichtigen Station der Heilsgeschichte. Er gilt als
letzter in der Reihe der alttestamentlichen Propheten
und öffnet gleichzeitig mit seiner Botschaft das
Tor zu Jesu wirken.
Sein Ende im Herbst des Jahres 28
ist seltsam, doch fügt es sich ins Bild. Er tadelt
unerschrocken König Herodes wegen seiner
ehebrecherischen Beziehung und anderer Verfehlungen.
Dieser lässt ihn einkerkern und erfüllt
Salome, der Tochter seiner Geliebten, einen aparten
Geburtstagswunsch: Das Haupt des Täufers auf einem
Silbertablett!
Seine Bedeutung und das Herrenwort
(vgl. Anfang) lassen Johannes frühzeitig zum
allseits verehrten Heiligen werden. Über zwei
Jahrtausende hinweg gilt er in allen christlichen
Kirchen als ein hervorragender Glaubensbote. Sein
Patronat wird von der Kirche auf das heidnische Fest
der Sonnwendfeier gelegt, um damit seine Mittlerrolle
zwischen Altem und Neuem Testament zu unterstreichen.
Damit überträgt ihm der Volksglaube magische
Heilskräfte, die in verschiedenster Form auftreten
(Johanniskraut, Johannisfeuer, Johannisschüsseln).
Die Reihe seiner Patrozinien ist damit nicht
verwunderlich: von Burgund, Malta und der Provence, von
Florenz und Amiens; der Schneider, Weber, Gerber,
Kürschner, Färber, Sattler, Gastwirte,
Winzer, Fassbinder, Zimmerleute, Architekten, Maurer,
Steinmetze, Schornsteinfeger, Schmiede, Hirten, Bauern,
Sänger, Tänzer, Musiker, Kinoinhaber; der
Lämmer, Schafe und Haustiere; der Weinstöcke;
gegen Alkoholismus, Kopfschmerzen, Schwindel,
Angstzustände, Fallsucht, Epilepsie, Krämpfe,
Heiserkeit, Kinderkrankheiten, Tanzwut, Furcht und
Hagel.
Sein Name ist unter den Sprachen
entsprechend verbreitet: Hans, Hannes, Jan, Jens, John,
Jack, Jean, Iwan, Giovanni, Juan, Janosch.
Häufig wird Johannes bei der
Taufszene im Jordan dargestellt, bekleidet mit einem
Fell, die Taufschale oder -muschel in der Hand. In der
Barockkunst begegnet er uns häufig als
Wüstenprophet, in seiner Hand ein langes
Stabkreuz, zu seinen Füßen das "Lamm
Gottes".
J. Schweier
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