Liebe Gemeinde,

im vorigen Jahr waren wir alle sehr berührt und hilfsbereit angesichts der Hochwasserkatastrophe. Dieser Sommer hat sich wieder für viele katastrophal oder gar tödlich erwiesen. Die Bilder der Waldbrände in Portugal, Spanien, Frankreich, die Bilder verbrannter Häuser, ausgetrockneter Flüsse, mißratener Ernte haben uns alle erreicht. Die Bilder vom Leid der Menschen erschrecken und wecken Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Landwirte haben sich geplagt und abgemüht, die Frucht ihrer Arbeit verdorrt auf den Feldern. Erschreckend das Schicksal über den Tod hinaus in Frankreich: die Leichen vieler Hitzetoter liegen in Zelten oder Kühlhallen des ehemaligen Pariser Großmarktes - niemand vermiß sie augenscheinlich oder verleugnet sie, um die Beerdigungskosten zu sparen und der Allgemeinheit zu überlassen. An der Moral der Gesellschaft, und die ist in dieser Form gewiß nicht nur in Frankreich zu finden, ist in Jahrzehnten sehr viel verdorben worden. Wir klagen über viel, vielleicht gehen uns aber doch einmal erschrocken die Augen auf und wir fangen wirklich an, uns zu besinnen und wahrhaftig zu ändern. Hier sollten wir uns als Gemeinschaft der Glaubenden an unsere Vorbildpflicht erinnern und glaubwürdig zu handeln beginnen, auch wenn Kirchenführungen Glaubwürdigkeit nicht mehr aufweisen. Eine menschliche Gesellschaft, in der Mitmenschlichkeit vergessen wird, verliert ihr menschliches Antlitz, eine kirchliche Gesellschaft, in der Barmherzigkeit, Güte, Caritas, Treue (in Worten: Treue) den Maßstäben McKinseys nachgeordnet wird, verliert das Antlitz Christi.

In den Gemeinden - sofern noch vorhanden - sollen im November Neuwahlen zu Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand stattfinden. Daß wir noch ideenreiche und arbeitsame Kandidaten für den Pfarrgemeinderat finden, kann ich mir gut vorstellen. Die Gemeinschaft der Gläubigen existiert ja in Menschen, die Geschichte, auch Heilsgeschichte kennen und aus ihr gelernt haben. Sie wissen, daß seit der Steinigung des Stephanus diese Gemeinschaft bis auf den heutigen Tag immer aus den unterschiedlichsten Richtungen bekämpft wurde. Viele haben ihre Arbeitskraft, ihren Ideenreichtum, ihre Zeit und oftmals auch Bösartigkeit eingesetzt, um die Gemeinschaft der Gläubigen zu vernichten. Die das bis auf den heutigen Tag weiter tun, sind tatsächlich geschichtslose Gesellen, denn sie haben aus der Geschichte nicht gelernt oder nicht lernen wollen, daß all ihr Mühen letztlich keine Frucht trug. Ein Rest bleibt - davon spricht schon Isaias, und aus diesem heiligen Rest wird die Gemeinschaft der Glaubenden als Kirche immer wieder neu erblühen. Das ist Erfahrung von Heilsgeschichte. Von dieser Erfahrung zeugt auch der in diesem Heft abgedruckte Artikel der Gemeinde "Judas Thaddäus". Bei aller inneren und äußeren Not, die den Gläubigen dieser und wahrscheinlich noch vieler Gemeinden bereitet wird - die Hoffnung auf Zukunft im Christentum läßt sich auch diese Gemeinde - wie viele andere auch - nicht zerschlagen. Ein Rest bleibt und blüht auf. Ich habe jetzt immer eine Karikatur aus der Zeit des "Prager Frühlings" im Gedächtnis: Ein riesiger Sowjetzpanzer, das Friedensfahrzeug, hat einen Baum entwurzelt. Und ganz keck und mutig, vom Lebenswillen beseelt, wächst ein grüner Sproß unter der Panzerkette hervor. Und wer jetzt sagt, daß dieser Sproß keine Chance hat, der kann in die Geschichte schauen.

Der Kreis "Bibel und Gespräch" lädt ein zu einer Gebetsnovene für unser geplagtes Bistum. Näheres dazu auch in diesem Monatsblatt. Das Vertrauen auf Gott spiegelt sich im Vertrauen in unser Beten.

Die Suche nach Kandidaten für den Kirchenvorstand stelle ich mir schlimm vor: Die Verursacher der Erzpleite trachten ja danach, die Pfarrer und Kirchenvorstände zu Mittätern ihres unseligen Handelns zu machen. Diese morallose Ebene wird niemand teilen. Ich kann mir nur vorstellen, daß Kirchenvorsteher dennoch bereit sind, um Schlimmes zu verhindern - und diese Bitte habe ich auch.

Einige Kinder haben unter guter, umsichtiger und einfallsreicher Betreuung zehn Tage gemeinsame Ferien in Klingberg / Scharbeutz in der Jugendherberge genießen können. Den Betreuern dieser Fahrt (Cosima Kießling, Victoria Barczyk, Saskia Schlief und Claudia Boldt) danke ich für ihren Einsatz von ganzem Herzen. Die Kinder hatten ihren Spaß, Erleben von guter Gemeinschaft und Erholung dank ihres fleißigen Einsatzes.

Viele Kartengrüße haben das Pfarrhaus von den verschiedensten Ferienorten erreicht, dafür ganz herzlichen Dank! Ich bin jedesmal neidisch geworden.

Mit herzlichem Gruß aus dem Pfarrhaus, Ihr Pfarrer Lutz Gottschalk.

"Wenn man ein Unternehmen zerstören will, muß man nur versuchen, es mit externen Beratern in Ordnung zu bringen."
(Ferdinand Piëch, VW-Aufsichtsratsvorsitzender)

 

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