Das
Datum des Monats:
11.
Februar
Der 11. Februar als
Jubiläumstag unserer Klosterkirche hat sich nicht
zufällig ergeben. Die
Schwestern Vom Guten Hirten hatten schon vor 1905 mehrfach darauf Bezug
genommen. Der 11. Februar ist nämlich der Tag von Lourdes,
seit dem II.
Vatikanischen Konzil der "Gedenktag unserer Lieben Frau von Lourdes".
Am 11.
Februar 1858, einem Donnerstag, hatte das
14-jährige Mädchen Bernadette Soubirous, das mit
ihrer Schwester und
einer Freundin Holz sammelte, in der Grotte Masabielle nahe ihrem
Elternhaus in Lourdes, einem dörflichen Flecken im
nördlichen
Vorgebirge der Pyrenäen, eine plötzliche Erscheinung,
von der sie
berichtete: "Ich sah eine weiß gekleidete Dame. Sie trug ein
weißes
Kleid, einen weißen Schleier und einen blauen Gürtel
und auf jedem Fuß
eine gelbe Rose." Bernadette bekreuzigte sich und betete mit der "Dame"
den Rosenkranz, worauf diese wortlos verschwand.
Wer war diese Bernadette, die am Anfang eines der
größten Glaubenswunder der Kirche steht? Sie ist das
älteste von sechs Kindern einer bettelarmen
Müllerfamilie, betätigt sich als
Hirtenmädchen, kann weder lesen noch
schreiben und ist sehr fromm. Sie wuchs in der feuchten und dunklen
Mühle auf, wo sie sich frühzeitig ein Asthmaleiden
zuzog, von dem sie
sich nie mehr erholte. Mehr ist bis dahin nicht zu berichten von diesem
Mädchen.
Bereits aus ihrer
Person ergibt sich eine Reihe von unlösbaren Fragen,
die in das Wunder von Lourdes münden: Was
prädestinierte das Mädchen zu
den Marienerscheinungen? War sie psychisch krank und litt unter
Halluzinationen? Wollte sie einfach aus ihrem unbedeutenden Leben
ausbrechen?
Die unlösbaren Fragen setzen sich in den Marienerscheinungen
fort. Insgesamt 18 Mal, vom 11. Februar bis zum 16. Juli, sieht das
Mädchen die Dame, wobei sich unerklärliche
Phänomene einstellen:
Bernadette fällt in einen ekstatischen Zustand und nimmt die
Dame wahr,
die einer stetig wachsenden Zahl von neugierigen Zuschauern bis zu
8000! unsichtbar und unhörbar bleibt.
Die Dame gibt sich erst nach längerem Zögern als "die
unbefleckte Empfängnis" zu erkennen, mit einem theologischen
Begriff, der dem ungebildeten
Mädchen unmöglich geläufig sein konnte. Erst
vier Jahre zuvor hatte der
Papst das Dogma von der unbefleckten Empfängnis
verkündet.
Auf Geheiß der erschienenen Jungfrau Maria gräbt
Bernadette mit ihren
Händen im Boden, aus dem eine Quelle hervorbricht, die
berühmte Quelle
von Lourdes, die heute noch über 100 000 Liter Wasser pro Tag
spendet.
Das erste Heilungswunder lässt nicht lange auf sich warten.
Während der
Erscheinung am 1. März hält eine Frau ihren
gelähmten Arm ins Wasser
und zieht ihn völlig geheilt daraus hervor.
Am 7. April ereignet sich das Kerzenwunder: Die Flamme einer Kerze
züngelt lange um die Hand Bernadettes, ohne sie zu verbrennen.
In ihren Botschaften trägt Maria verschiedene Forderungen vor:
"Betet
für die Sünder, Buße, Buße,
Buße, baut hier eine Kapelle, kommt in Prozessionen, trinke
aus der Quelle, wasche dich mit ihrem Wasser!"
Schon während der Erscheinungen nimmt die
Öffentlichkeit rege Anteil
und gerät darüber in erregte, dauerhafte
Auseinandersetzungen. Während
sich Lourdes einerseits für viele Gläubige rasch zum
bedeutenden Wallfahrtsort
entwickelt, sieht sich Bernadette andererseits einer Welle von
Ablehnung und Anfeindungen ausgesetzt. Sie flieht vor diesen
Bedrängungen
in ein Kloster in das 600 km entfernte Nevers in Mittelfrankreich, wo
sie ebenfalls unter dem Misstrauen der Mitschwestern zu leiden hatte.
Gleichwohl maßte sie sich nie einen Sonderstatus an, sondern
blieb
immer bescheiden. Sie selbst sieht ihre Rolle so: "Die heilige Jungfrau
hat sich meiner bedient, darauf hat sie mich wie einen Besen in die
Ecke gestellt. Das ist mein Platz. Hier bin ich glücklich,
hier bleibe
ich." Von dauerhaften Leiden geplagt starb sie im Alter von 36 Jahren
im Kloster von Nevers,
wo ihr Leichnam heute ruht in wunderbarer Weise unverwest. Bernadette
wurde im Jahre 1934 von Papst Pius XI. heilig gesprochen.
Die Kirche und ihre Vertreter standen den Erscheinungen von Anfang an
meist zurückhaltend, mitunter sogar ablehnend
gegenüber, angefangen
beim damaligen Pfarrer von Bernadette, der auf einer Namensnennung
seitens der "Dame" beharrte. Der Ortsbischof setzte rasch eine
Untersuchungskommission
ein, nach deren Recherchen er vier Jahre nach den Ereignissen
erklärte,
"diese trügen alle Kennzeichen der Wahrheit in sich und die
Gläubigen
seien berechtigt, an ihre Wahrheit zu glauben."
Die
Theologen ordnen die Geschehnisse um
Bernadette unter dem Begriff "Privatoffenbarung" ein: "Solche ... ist
durchaus möglich; sie wird von der Tradition der Kirche als
möglich
vorausgesetzt, ist in der Sache nach in der biblischen Lehre von den
Charismen als geistgewirkten Gaben und Impulsen impliziert; sie ist
denkbar als private Objektivation der allen gegebenen oder angebotenen
Heilsgnade und der damit sachlich gegebenen, "transzendentalen"
Offenbarung; sie ist denkbar als gottgewirktes Wissen um die
gottgewollte Entscheidung in einer bestimmten Situation, das aus
allgemeinen Prinzipien und aus der sachhaften Analyse der Situation
allein nicht abgeleitet werden kann." (Herder "Lexikon für
Theologie
und Kirche")
Dermaßen
nüchtern aufgeklärt kann man festhalten:
Bis in unsere heutige Zeit wurden über 6000 "Spontanheilungen"
aus
Lourdes vermeldet, über 2000 davon waren medizinisch
unerklärlich,
lediglich 66 wurden von der Kirche als Wunder anerkannt. Drei
Kommissionen waren damit befasst. Die erste davon umfasst auf
nationaler Ebene mehr als 1500 Ärzte, danach ein
internationales
Gremium von über 30 Mitgliedern, die letzte ist die des vom
zuständigen
Bischof des Geheilten eingesetzte. Erst danach wird vom Bischof ein
endgültiges Urteil über die Anerkennung als Wunder
gefällt.
Lourdes hat sich zum bedeutendsten Wallfahrtsort der katholischen Welt
entwickelt, jährlich von ca. sechs Millionen Menschen besucht,
und bewegt
bis heute Menschen unterschiedlichster Denkungsart. So hat z.B. Franz
Werfel, der deutsche Schriftsteller jüdischer Abstammung, auf
seiner
Flucht vor den Nationalsozialisten aus Dankbarkeit für seine
Rettung
1941 in den USA das Werk "Das Lied von Bernadette" verfasst, in dem er
eindringlich auf das Beispiel des einfachen Mädchens verweist,
das in
einem skeptischen und gottfernen Zeitalter die göttlichen
Kräfte zur Entfaltung bringt.
Der 11. Februar als Festtag unserer Gemeinde kann Anlass sein,
über die
Wunder des Glaubens nachzusinnen und so eine Stärkung des
eigenen
Glaubens zu erfahren.
Dies wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, zum
Festjahr unserer Gemeinde!
J. Schweier