Liebe
Gemeinde,
oftmals hören wir in unserem
Umfeld Klagen und Beschwerden über Menschen, denen vorgeworfen
wird,
daß sie eigentlich nur an sich selbst denken, den Mitmenschen
lieblos
behandeln, sogar aufzeigen, daß er ihnen
gleichgültig ist. Vielleicht
sprechen wir selbst bisweilen von solchen Menschen. Und da es oft
gehört wird, scheint es auch eine richtige Erkenntnis zu sein.
Nun
ereignete sich am 2. Weihnachtsfeiertag die Naturkatastrophe im
indischen Ozean. Die daraufhin einsetzende Spendenflut erreichte
ungeahnte Ausmaße. Vielleicht erinnern wir uns auch an die
Hilfsbereitschaft bei der Oder- und der Elbeflut.
Dieser Wille zu
helfen offenbart eine Mentalität bei sehr vielen Menschen, die
mit der
eingangs beschriebenen Verfassung nichts gemein hat. Hilfsbereitschaft,
Unglück und Not zu lindern, offenbart vielmehr Menschen, die
durchaus
mitfühlen, denen der andere auch der Unbekannte keineswegs
gleichgültig
ist. Ich bin davon überzeugt, daß der Charakter
eines Menschen sich
nicht im Handumdrehen wendet. Ich glaube eher, daß die
zahllosen
Beispiele der Hilfsbereitschaft Zeugnis davon ablegen, daß
wir oftmals
unseren Mitmenschen falsch beurteilen. Denn viel von dem, was mancher
an Gutem tut, sehen und wissen wir nicht. Dennoch aber ist es
vorhanden. Katastrophen zeigen das, leider eben oft nur Katastrophen.
Ich bin davon überzeugt, daß wir selbst im Umgang
miteinander und im
Urteil über den anderen gewissenhaft und charaktervoll
handeln, wenn
wir in unserem Denken, Tun und Sprechen wahrhaftig vom guten,
hilfsbereiten, sensiblen Menschen ausgehen. Niemand, dessen Horizont
auf sich selbst beschränkt ist, käme auf die Idee,
fremden, unbekannten
Menschen zu helfen, selbst etwas wegzugeben, eben zu opfern. Bei der
furchtbaren Tragik der Katastrophe macht es mich innerlich froh,
inmitten
von Menschen zu leben, deren Horizont weit ist, die Tugend und
Mitmenschlichkeit leben, die wissen, daß wir einander
brauchen, und
dies nicht in der Theorie, vielmehr im praktischen,
menschenfreundlichen
Handeln. Und für solche Mitmenschen, die eben doch zahlreich
sind,
können wir sehr dankbar sein. Das, was an Gutem geschieht,
läßt sich
keineswegs verdunkeln durch manche Fehler und Schlechtigkeiten, die
Menschen eben auch begehen.
Der Bundespräsident hat in einer Rede zu dem furchtbaren
Geschehen,
auch um wirklichen Trost zu spenden, gesagt, daß viele
Menschen für die
Opfer und die Leidtragenden beten. Er fuhr dann fort: "Ich tue das
auch!" Ich bin überzeugt, daß diese Worte ein
Bekenntnis waren, das die
Herzen vieler Menschen erreicht und getröstet hat.
Für diesen Satz bin
ich ihm sehr dankbar.
In diesem Februar beginnt für uns das Jubiläum: 100
Jahre Klosterkirche.
Es kann große Freude in unsere Herzen bringen, wenn wir
dankbar daran
denken, daß vor so langer Zeit in dieser Kirche das Gotteslob
erklungen
und seitdem nicht mehr verstummt ist. Auch in Jahren, in denen die Welt
zu zerbrechen schien, erklang es, da vielleicht ganz besonders als
Hoffnungszeichen, wie ja auch die großen Propheten des Alten
Bundes
gerade zu Zeiten, die gegen die Menschen mißgestaltet wurden,
besonders
hörbar waren. Voller Freude und damit voller Dankbarkeit
empfinde ich
es heute, daß so viele Beter Tag für Tag sich in der
Kirche versammeln
und dem Auftrag Christi an seine Apostel treu sind.
Im Verlaufe dieses Jahres wird es eine Reihe von Angeboten und
Veranstaltungen
geben, die unserer Freude Ausdruck verleihen. Es sind alle dazu
herzlich eingeladen. Der 11. Februar eröffnet diesen Reigen
mit dem
Firmgottesdienst. Ich sehe gerade hierin ein Zeichen, daß wir
den Mut
haben können, unseren Glauben in die Hände und die
Herzen junger
Menschen hineinzugeben, so wie er uns ja auch einmal anvertraut wurde.
Daran ändert auch nichts, daß natürlich
(oder eher unnatürlich) auch
eine Anzahl junger Menschen diesen Tag und dieses Sakrament einfach
hinnimmt und am 12. Februar vergessen hat. Wir würden am guten
Hirten
Christus zweifeln, wenn wir es ihm nicht glauben wollen, daß
er den
verirrten, verletzten Schafen seiner Herde nachgeht, sie sucht, sie
nach Hause trägt.
Am Sonntag, 13. Februar, wollen wir diesen Festtag noch einmal mit der
ganzen Gemeinde feiern und nach dem 10.15 Uhr-Gottesdienst alle
einladen, in der Aula der St. Hildegard-Schule voller Freude
zusammenzukommen
auch zum Essen und Trinken (freilich bitte ich hier auch schon wieder
um die Mithilfe durch Salat- und Kuchenspenden Sie kennen dieses
Spielchen ja). Mit der Andacht am Nachmittag wollen wir den Festtag
dann beschließen. Vielleicht können wir in unseren
Herzen dann etwas
nach Hause tragen von der Freude und Gläubigkeit vieler. Ich
wünsche es
uns allen mit herzlichem Gruß aus dem Pfarrhaus,
Ihr Pfarrer Lutz Gottschalk.
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