Fazenda Gut Neuhof" - Fazenda da Esperanca" |
Seit nun fast vier Wochen lebe ich auf der Fazenda
Gut Neuhof" in Riewend bei Nauen.
Gut Neuhof" bietet Obdachlosen, jugendlichen
Drogenabhängigen und Menschen mit anderen
Suchtproblemen einen Ort, an dem sie ein neues Leben
beginnen können. Ich habe mich entschieden, auf
Gut Neuhof" meinen Zivildienst zu leisten und
werde hier dreizehn Monate zusammen mit ehemaligen
Drogenabhängigen leben und arbeiten. Vor ungefähr einem halben Jahr erfuhr ich zum ersten Mal von den Fazendas in Brasilien, als der Kaplan Laminski nach einer Reise davon berichtete. Vor 15 Jahren wurde dort die erste Fazenda von einem deutschen Pfarrer gegründet. Seitdem entstanden im ganzen Land mehr als zehn weitere Höfe". Die Rehabilitation verzichtet auf die Verwendung von Medikamenten, allein die Gemeinschaft der Jugendlichen soll die Droge ersetzen. Vor sieben Wochen hatte ich selbst die Möglichkeit, zusammen mit einer Jugendgruppe eine Fazenda in Brasilien zu besuchen, um mit den ehemaligen Drogenabhängigen zu leben und zu arbeiten. Die ersten zwei Tage wohnten wir als Gruppe auf einer Fazenda, um uns an die Zeitumstellung und das Klima zu gewöhnen. Am dritten Tag wurden wir dann auf verschiedene Fazendas zu kleinen Gruppen bis zu sechs Personen aufgeteilt. Ich kam auf die Fazenda da Esperanca (Hof der Hoffnung), in der Nähe der Stadt Guaratingeta, zwischen Sao Paulo und Rio, die vor 15 Jahren als erste entstand. Dort leben 80 Jugendliche in vier verschiedenen Häusern. Da es sich die Fazendas zum Ziel gemacht haben, unabhängig von finanzieller Unterstützung zu existieren, wird in der Landwirtschaft und in Fabriken gearbeitet. Jeder Jugendliche trägt somit die Verantwortung für seinen Lebensunterhalt und für die Erhaltung der Fazenda, eine Verantwortung, die die meisten von der Straße nicht kennen. Der Arbeitsbereich auf der Fazenda da Esperanca ist auf die vier verschiedenen Häuser aufgeteilt. Mein Haus, Casa Dom Bosco", war zuständig für die Herstellung von Plastikflaschen, die später mit Agua sanitaria", einem Putzmittel, gefüllt und verkauft wurden. Der Tag beginnt um sechs Uhr Morgens mit dem
Rosenkranz und der anschließenden Betrachtung, bei
der man meistens aus dem Tagesevangelium das Wort des
Tages filtert, mit dem Ziel, den Tag über danach
zu leben. Konkret nach dem Wort zu leben, fiel mir sehr
schwer. Oft hatte ich das Tagesevangelium, das auf
portugiesisch vorgelesen wurde, nicht verstanden oder
fand bei der Arbeit am Tag keine Gelegenheit, danach zu
leben oder hatte es am Abend vergessen. In diesen
Situationen habe ich oft ein anderes, allgemeineres
Wort gelebt. Dies gelang mir im Gespräch mit den
Jugendlichen oder auch bei der Arbeit, wo nur meist ein
Blick oder der ausgestreckte Daumen genügte, der
bedeutet, daß es einem gut geht und man sich
freut, daß der andere da ist. Sebastian Geese |