Hoffentlich wird nicht
nur
Papier bedruckt
Wie über das Diözesane
Pastoralforum in der Region Vorpommern diskutiert oder
nicht diskutiert wird Vorpommern -
„Hoffentlich wird nicht nur viel Papier
produziert, das mit dem Leben in den Gemeinden
Vorpommerns wenig zu tun hat.“ Gudrun Schemmel
aus der Propstei St. Joseph in Greifswald ist eher
skeptisch, wenn die Rede ist vom Diözesanen
Pastoralforum und seiner Ausstrahlung hinein in die
Region Vorpommern. Mit Richard Stabenow - ebenfalls aus
Greifswald - steht sie auf dem Grundstück der
Gützkower Gemeinde St. Marien. Beide diskutieren
am Rande des 90. Kirchweihjubiläums über das
Forum und die zu erwartenden Wirkungen auf das
katholische Leben in den beiden Norddekananten
Stralsund und Greifswald. Richard Stabenow, selbst
Greifswalder Delegierter des Pastoralforums, kennt
neben dem Dekanat Greifswald auch das Dekanat
Stralsund. „Wenn auf dem Forum in Berlin
über ein zusammengelegtes Dekanat Vorpommern
diskutiert wird, habe ich meine Bedenken“, stellt
er fest. Schon heute gebe es in Vorpommern sogenannte
„Schwerpunktpfarreien“, die nach seiner
Erfahrung personell jedoch keineswegs ausreichend
ausgestattet seien. „Im Zeitalter des permanenten
Priestermangels muss es doch möglich sein, die
wenigen Priester von Aufgaben zu befreien, die mit
ihrem eigentlichen Auftrag nichts oder nur wenig zu tun
haben.“ Richard Stabenow und Gudrun Schemmel
werden sich schnell einig: „Zeitaufwendige
Büroarbeit, Fahrdienste in den Gemeinden,
Religionsunterricht, um nur drei Beispiele zu nennen,
können durchaus von engagierten und qualifizierten
Laien bewältigt werden.“ An
Einsatzbereitschaft fehle es nach Meinung der beiden
Greifswalder Katholiken in der Region keineswegs. Nur
würden einsatzbereite Gemeindemitglieder in
Vorpommern nicht selten die Erfahrung machen, dass der
Ortspfarrer sich häufig als der „einzig
kompetente Mensch“ in der Gemeinde empfinde und
so Aufgaben an sich ziehe, von denen ihn seine
„Schäfchen gerne entbunden“ gewusst
hätten, um Kräfte für die eigentliche
Seelsorge in der Diaspora frei zu setzen.
„Die Resonanz in der Gemeinde ist nicht so sehr
groß, aber es gibt einige Gemeindemitglieder, die
am Forum teilnehmen“, sagt Propst Michael Pietrus
im Gespräch mit der KirchenZeitung. Neben dem
Greifswalder Pastoralrefernten Stephan Zinnecker und
dem Pfarrgemeinderatsmitglied Richard Stabenow nehme
Propst Pietrus auch persönlich aktiv am
Pastoralforum teil. „Wir schreiben über das
aktuelle Geschehen schon mal in unserem Pfarrbrief, so
dass wenigstens einige Informationen rüber
kommen“, erklärt Pietrus. Der Geistliche
bestätigt die bereits oben erwähnte Skepsis
vieler Gemeindemitglieder, dass hoffentlich nicht so
viel Papier produziert wird. „Ich persönlich
hätte den Umfang ganz zu Anfang auch lieber
eingegrenzt - die Ergebnisse jeder Arbeitsgruppe auf
maximal acht Seiten reduziert.“ Die Ergebnisse
der Arbeitsgruppen seien seiner Meinung nach sehr
unterschiedlich, so Propst Pietrus weiter, „doch
das eine oder andere wird schon realisierbar
sein“. „Mir liegt die Verkündigung an
die junge Generation ganz konkret am Herzen. Die
Arbeitsgruppen, die sich mit Kindern, Jugendlichen und
Familie innerhalb der Kirche beschäftigt haben,
werden wohl ganz konkrete Vorschläge unterbreiten,
die dann auch in der seelsorgerischen Praxis in
Vorpommern Anwendung finden könnten.“
Pfarrer Norbert Illmann aus der Gemeinde Herz Jesu in
Wolgast sieht das Diözesane Pastoralforum eher mit
gemischten Gefühlen. „In Berlin werden
Strukturen vorausgesetzt, die hier in Vorpommern kaum
oder gar nicht vorhanden sind“, stellt der
Geistliche fest. Und er fügt hinzu: „Die
Menschen in Wolgast haben nach meiner Einschätzung
andere Probleme als das Pastoralforum.“
„Erstmal warten wir auf die Ergebnisse“,
sagt Pfarrer Reinhold Janiszewski. Gerade zu Beginn des
Forums hätten Mitglieder aus seiner Stralsunder
Gemeinde Heilige Dreifaltigkeit zahlreiche Voten
eingebracht. „Leider haben wir jetzt zunehmend
das Gefühl, dass ausschließlich Berlin im
Mittelpunkt des gesamten Prozesses steht.“ Viele
hauptamtliche Mitarbeiter im Erzbischöflichen
Ordinariat würden nach Janiszewskis Worten die
Region Vorpommern überhaupt nicht wahrnehmen,
geschweige denn aus eigenem Erleben kennen. Ein breites
Interesse seiner Gemeinde am Pas-toralforum könne
er nicht bestätigen. „Es ist hier in
Stralsund keineswegs so, dass mir die Sonderausgaben
der KirchenZeitung zum Pastoralforum aus den
Händen gerissen werden“, bringt der Pfarrer
die Situation auf den Punkt. Dennoch registriere er bei
diesem oder jenem Stralsunder Gemeindemitglied
„gedämpftes Interesse“.
Von „Null-Interesse“ in der Gemeinde
Salvator spricht der Anklamer Pfarrer Norbert
Grützmacher. „Ich nehme an, dass Sie bei
Ihren Recherchen in Vorpommern von meinen
Mitbrüdern ähnliche Einschätzungen
hören“, sagt er. „In Anklam haben wir
keinen, der für uns nach Berlin fährt. Auch
haben wir in der Gemeinde noch gar nicht über das
Forum gesprochen.“ Erstmal werde auch in der
Lilienthalstadt die nächste Vollversammlung
abgewartet. „Dann könnte es sein, dass wir
beispielsweise im Pfarrgemeinderat darüber
sprechen werden.“ Die in publizistischer
Begleitung des Forums erstellten
Pastoralforums-Beilagen der KirchenZeitung werden in
Anklam ignoriert. „In unserer Kirche liegen Berge
von Zeitungen herum, die keinen Menschen
interessieren“, stellt Pfarrer Grützmacher
fest. „Demnächst werde ich sie
wegschmeißen.“ Nach seiner Erfahrung
hätten die Menschen in Anklam
„grundsätzlich andere Probleme“. Es
könne sein, so Pfarrer Grützmacher weiter,
dass das Desinteresse auch mit der
„Sozialismus-Vergangenheit“
zusammenhänge. „Die Leute hatten damals
nichts zu sagen, wollten nichts sagen und sagen auch
heute nichts.“
Gedämpften Optimismus verbreitet Pfarrer Harry
Karcz aus Bergen. „Wenn die Ergebnisse vorliegen,
werden wir uns auf der Insel Rügen damit
auseinandersetzen“, sagt er. Derzeit spiele das
Forum im Alltag der Gläubigen auf Deutschlands
größter Insel jedoch eher eine untergeordnete
Rolle. „Wir sind froh, dass der seelsorgliche
Alltag bei uns funktioniert und haben in dieser
Beziehung keinerlei Reformbedarf.“ Dies
hänge neben der „pommerschen
Mentalität“ auch mit anderen
Praxiserfahrungen in der Region Vorpommern zusammen.
„Wir haben keine katholischen Schulen, und auch
der Kampf um LER tangiert uns hier wenig.“ Nach
Abschluss des Diözesanen Pastoralforums werde sich
zeigen, so Pfarrer Karcz weiter, welche Vorschläge
in Vorpommern, zumal auf Rügen, tatsächlich
Anwendung finden könnten.
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