Der Heilige des Monats:
Hl. Gregor
"der Große"
(3. September)
Nur wenige
geschichtliche Gestalten haben sich durch
herausragende und die Zeiten überdauernde
Leistungen den Beinamen "der Große"
erworben. Gegenwärtig steht Kaiser Karl "der
Große" durch die Jubiläumsausstellung
des Erzbistums Paderborn im Vordergrund des
geschichtlichen Interesses. Doch welche
"Leistungen" weist ein "Großer" unter den
Heiligen auf, von denen immer wieder versichert
wird, dass man sie nicht nach menschlichen
Maßstäben beurteilen kann?
Gregors Leben verlief zunächst in
durchaus vorgezeichneten Bahnen. Er wurde im Jahr
540 als Spross einer reichen Senatorenfamilie in
Rom geboren. Sein Vater im Stande eines
Provinzoberhauptes ebnete ihm die politische
Laufbahn, die ihn schon in jungen Jahren zum Amt
des römischen Stadtoberhauptes führte.
Doch dann geschieht das Unerklärliche:
Mitten in seiner politischen Karriere zieht sich
Gregor in ein von ihm selbst gestiftetes Kloster
in Rom zurück und vertieft sich in die Suche
nach Gott. Nur dem Papst gelingt es, ihn seiner
Zurückgezogenheit zu entreißen. Er
weiht ihn zum Diakon und überträgt ihm
wegen seiner Fähigkeiten und seiner
Menschenkenntnis die wichtige Aufgabe des
Gesandten am Hofe des byzantinischen Kaisers.
Doch auch dieses Amt legt Gregor nieder und zieht
sich in "sein" Kloster zurück. Nicht lange,
denn nach dem Tode des Papstes bestimmen ihn der
Klerus und das Volk von Rom einmütig zum
neuen Papst. Gregor fühlt sich dieser Ehre
unwürdig und versucht zunächst mit
allen Mitteln, sich dieser Wahl zu verweigern
vergebens angesichts der
unerschütterlichen Bestimmtheit der
Römer.
Gregor akzeptiert und stellt sich den
überwältigenden Aufgaben des damaligen
Papsttums: Rom war als Metropole untergegangen
und zum Spielball und Raubobjekt germanischer
Stämme der Völkerwanderung geworden.
Das Papsttum war die einzige funktionierende
weltliche Gewalt der Region, auf die die Hoffnung
der Menschen gerichtet war. Zudem wütete bei
seinem Amtsantritt die Pest in der Stadt und
verschlimmerte die desolate Lage. Innerhalb der
jungen Kirche kamen immer wieder Irrlehren und
Unsicherheiten über zentrale
Glaubensaussagen und die liturgische Praxis
auf.
In dieser Situation zeigt sich Gregor als
universaler Mensch. Er organisiert gegen
Hungersnöte und Seuchen die Bewirtschaftung
des Kirchenbesitzes und lässt Vorräte
anlegen. Außerdem schützt er die
Landpächter vor Ausbeutung. Er handelt den
kriegerischen Langobarden, die Rom monatelang
belagerten, ein friedliches Einvernehmen ab und
erreicht sogar über ihre Königin deren
Übertritt zum katholischen Bekenntnis. Zwei
weitere europäische Völker verdanken
seiner Tatkraft und seinem Geschick ihre
Christianisierung: die Engländer und die
Spanier, deren Herrscherhäuser er
überzeugte und tatkräftig
unterstützte. Gregor ist deshalb bis heute
der Patron Englands.
Auch innerkirchlich steigt Gregor zu
überragender Bedeutung auf. Mit einer
enormen literarischen Schaffenskraft
ausgestattet, liefert er grundlegende
theologische Aussagen zur Gottesvorstellung, zu
Themen wie Unauflöslichkeit der Ehe, Bilder-
und Reliquienkult, Engel, Gaben des Hl. Geistes,
Fegefeuer, so, dass er unter die vier
großen lateinischen Kirchenväter
zählt. Er schreibt unermüdlich Briefe
und findet sogar noch Zeit, eine Biographie des
Hl. Benedikt zu verfassen.
Daneben setzt er Maßstäbe in der
Liturgie. Unser heutiges Hochamt ist weitgehend
sein Werk. Er ordnet sogar den Kirchengesang neu.
Der "Gregorianische" Choral zeugt heute noch
davon. Seine Pastoralregel bestimmte im
Mittelalter die Vorstellung von der Würde
des Priesters.
Gregor ist der überragende Kopf seiner
Zeit. Mit Feder und Tinte legt er Strukturen der
abendländischen Welt fest. Mit ihm setzt
eine geistige Weltherrschaft ein.
Sein Leben bleibt jedoch stets einfach. Er
lebt in einer Zelle des Lateranpalastes
freiwillig nach mönchischen Regeln.
Demütig zeichnet er alle seine Schreiben mit
"Knecht der Knechte Gottes" bis heute
ein Ehrentitel der Päpste. Immer versteht er
sein Tun als Dienst für Gott und an den
Menschen. Als er einmal erfährt, ein Bettler
sei auf der Straße verhungert,
verschließt er sich vor Scham in seinem
Gemach und wagt tagelang nicht, vor den Altar zu
treten.
Der Hl. Gregor ein "Großer"?
Ein Heiliger jedenfalls.
J. Schweier
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