Der Heilige des Monats:

Hl. Benedikt von Nursia (11. Juli)

"Vater Europas" - Wer diesen Ehrentitel trägt, muss wahrhaft Großes geleistet haben! Dabei deutete im Leben Benedikts zunächst nichts darauf hin, dass er 1500 Jahre später zu den der Weltgeschichte zählen würde. Geboren um 480 in Nursia in der Nähe von Perugia, als Sohn begüteter Eltern in den Wirren der Völkerwanderungszeit zum Studium nach Rom geschickt, abgestoßen vom sittenlosen Treiben seiner Altersgenossen, vollzog Benedikt einen abrupten Lebenswechsel hin zum Asketentum, dann zur Einsiedelei. Er lebte drei Jahre völlig einsam in einer Höhle, der Buße und dem Gebet zugewandt, schloss sich danach einer losen Gruppe von Eremitenmönchen an und wurde deren Vorsteher. Nachdem er einem Giftanschlag entgangen war, sammelte er selbst einzelne Mönche um sich und gab ihnen bestimmte Regeln des Zusammenlebens.

Als sich diese Gemeinschaft stabilisiert hatte, gründete Benedikt in Montecassino um 529 ein festes Kloster, wo er seine berühmte Regel niederschrieb. Um den Kerngedanken "ora et labora" (bete und arbeite) entwickelte er eine Klosterordnung, die gegen das bis dahin vorherrschende regellose und umherschweifende Mönchtum ge-richtet war. Gerade darin liegt sei-ne einzigartige Leistung: Er er-kannte, dass die Welt nicht durch Flucht in eine Randexistenz zu heilen ist, sondern durch positive Annahme in Gottvertrauen und Gestaltungskraft.

In der Mitte seiner wachsenden Klostergemeinschaft stand Gott, ihre innere Ordnung war geprägt von Schweigen, Gehorsam und Demut, ihre äußere Ordnung sieht einen Abt an der Spitze, einen Rat der Brüder als Entscheidungsgremium vor. Jeder Mönch unterwirft sich mit seinem Gelübde diesem umfassenden Ordnungsgefüge, des-sen äußerer Ausdruck das Kloster als in sich geschlossene und sich selbst genügende Produktions- und Konsumgemeinschaft wird.

Dies gibt den benediktinischen Klostergemeinschaften ihre organisatorische Überlegenheit, ihren vor-bildlichen Charakter und verleiht ihnen eine außerordentliche Schaf-fenskraft. Das Kloster und seine Mönche werden somit im Laufe der Jahrhunderte zum entscheidenden Träger von Glauben, Kultur und Wissen, zum bestimmenden Faktor der abendländischen Entwicklung. In Benedikt finden wir das Grundmotiv der Heiligkeit: eine radikale Hinwendung zu Gott als der Mitte des Lebens, eine tiefgreifende und unerklärliche Wirkung auf die Mit-menschen und ein tatkräftiger Einsatz zum Wohle der Menschen.

Freilich besteht bei Benedikt darüber hinaus das Besondere in seiner geschichtlichen Nachwirkung. Die nach der benediktinischen Regel eingerichteten Klöster breiten sich trotz vieler Rückschläge rasch aus. Die Christianisierung und Kolonisierung Englands z. B. ist im wesentlichen ein Werk der Benediktiner, das Frankenreich wird zum Klosterland, selbst Karl der Große lässt sich die authentische Regel aus Montecassino schicken, um ihr in seinem Reich Geltung zu verschaffen. Der Hl. Bonifatius, "Apostel der Deutschen", lebt und wirkt im Orden und Geist Benedikts.

Während die antike Kultur aus dem Alltagsleben Europas verdrängt wurde, konnte ihr Geistesgut in den Klöstern bewahrt werden. Schulen, Bibliotheken und Schreibstuben der Klöster tragen dieses Erbe durch die Jahrhunderte. Theologen, Historiker, Baumeister, Komponisten und Dichter gehen aus den Orden hervor. Während des Barock, der letzten Blütezeit der Klöster, wachsen allenthalben Akademien und Universitäten in der Regie der Mönche.

In Deutschland zeugen prachtvolle Klosterbauten wie Ottobeuren, Weltenburg oder Ettal vom tiefen Glauben und der überragenden Schaffenskraft der Benediktiner.

Sicherlich blieben das Mönchtum und die Klosterkultur im Laufe von 1500 Jahren nicht von Niedergang oder gar Vernichtung verschont. Benedikt selbst musste vor den Langobarden aus Montecassino nach Rom fliehen und die erste Zerstörung seiner Gründung miterleben, was ihn nicht am raschen Wiederaufbau hinderte. Bei seinem Tod im Jahre 547 war sein Kloster bereits wieder zum Mittelpunkt der Region aufgestiegen. Im Zweiten Weltkrieg fiel Montecassino während der mörderischen Kämpfe zwischen deutschen Fallschirmjägern und alliierten Truppen fast vollständig in Schutt und Asche. Während des Wiederaufbaus mein-ten Archäologen, das Grab des Hei-ligen entdeckt zu haben, was jedoch nicht gesichert ist.

Als symbolisch für Montecassino und das gesamte Werk Benedikts ist sein Wappen zu sehen: eine ab-geschlagene Eiche, die immer wieder aufblüht.

J. Schweier

 

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