Die Diskussion um den Religionsunterricht (IV) 

- F a z i t und A u s b l i c k –

Fa z i t:

Aus den bisherigen Darlegungen zum Religionsunterricht ergibt sich eindeutig das Fazit, daß sich in diesem Problem mehrere grundlegende Fragen brennglasartig bündeln, z.B. ob Religion und Kirche in unserer Gesellschaft überhaupt eine öffentliche Funktion zugemessen wird, ob Grundfragen des menschlichen Lebens zum Bildungsauftrag unserer Schulen gehören oder ob der Staat den Glauben zum Betrachtungsobjekt im Rahmen einer allgemeinen und "neutralen" Werteerziehung machen darf.

A u s b l i c k:

Die Situation des Religionsunterrichtes in Berlin ist seit dem 4. November 1998 in Bewegung geraten. An diesem Tage erkannte das Berliner Oberverwaltungsgericht der Islamischen Föderation den Status einer Religionsgemeinschaft zu und damit auch das Recht auf Erteilung von islamischem Religionsunterricht an der Berliner Schule. Die deutschen Bischöfe bejahen seit langem das Recht der Muslime auf Religionsunterricht und begrüßten diese Entscheidung. In der Öffentlichkeit wurden andererseits Befürchtungen laut, daß damit fundamentalistische Kreise innerhalb der Förderation mit Hilfe öffentlicher Zuschüsse einen unheilvollen Einfluß auf muslimische Kinder und Jugendliche ausüben könnten. Dieser Gefahr könnte eine stärkere Aufsicht des Staates über diesen Unterricht begegnen, was jedoch wiederum nur bewerkstelligt werden kann, wenn der Religionsunterricht allgemein als ordentliches Lehrfach der Berliner Schule zugelassen würde. Dieses Problem rührt jedoch wiederum an die Grundfeste der Politik im Abgeordnetenhaus. Während die CDU, an ihrer Spitze der Regierende Bürgermeister, seit Jahren auf eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes dringt, wollen die SPD, die Bündnisgrünen und die PDS den konfessionellen Religionsunterricht möglichst weitgehend aus den Klassenzimmern heraushalten und sympathisieren mit einer LER-Lösung à la Brandenburg.

Die Große Koalition hat sich zu einem Moratorium entschlossen: Keine Entscheidung bis zum LER-Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Die Katholische Kirche hat in einer gemeinsamen Initiative mit der Evangelischen Kirche für Berlin Vorschläge entwickelt, die der bisherigen Praxis, dem religiösen Umfeld sowie dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag Rechnung tragen:

Der Religionsunterricht als Teil einer Gruppe von ordentlichen Lehrfächern.

Dieser ist gekennzeichnet durch die Prinzipien Pluralität, Authentizität und Kooperation, wobei Pluralität die Vielfalt der religiösen und weltanschaulichen Positionen in der Stadt berücksichtigt, Authentizität den eindeutigen Bezug zur Lehre der Kirche bewahrt und Kooperation die Schüler der verschiedenen Unterrichtsgruppen zum gemeinsamen Lernen zusammenbringt.

Angesichts der Bedeutung des Religionsunterrichts wird es nicht ausbleiben, daß er im Wahlkampf zu den Abgeordneten-hauswahlen im Oktober 1999 Berücksichtigung findet. Die Wahlentscheidung in Hessen hat gezeigt, daß schulische Themen für die Wähler durchaus Gewicht gewinnen können.

Es bleibt jedem einzelnen Christen überlassen, verantwortlich und sorgfältig die Wahlprogramme zu überprüfen und die Behandlung des Religionsunterrichts in seiner Wahlentscheidung mit zu berücksichtigen.

J. Schweier

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