Die Diskussion um den Religionsunterricht (I) |
Was hat das Thema Religionsunterricht in unserem
Mitteilungsheft zu suchen? Ist er nicht ein spezielles Problem der Schule und eigentlich längst geregelt? Spätestens seit dem Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichtes zum Islamunterricht rückte er wieder in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Dort werden grundsätzliche Fragen zur Berechtigung des Religionsunterrichts gestellt, und die Koalitionsvorgabe der PDS in Mecklenburg-Vorpommern forderte kürzlich gar seine ersatzlose Abschaffung. Für die lische Kirche haben die deutschen Bischöfe im vergangenen Jahr die Bedeutung des konfessionell gebundenen Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen unmißverständlich hervorgehoben, nachdem das gesamtgesellschaftliche Klima sich in dieser Frage zu verschlechtern drohte. Dieser Beitrag und seine Fortsetzungen sollen zeigen, daß der Religionsunterricht keineswegs ein harmloses Sonderproblem darstellt, sondern uns alle angeht. Ist Religion Privatsache? Religionsunterricht und Grundgesetz Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Diese Form der Festlegung ist ungewöhnlich,
zumal sie in der Reihe der Grundrechte auftaucht, deren
Wesensgehalt nicht angetastet werden darf (Art. 19) und
der Religionsunterricht als einziges Schulfach von
einem derartig geschützten Verfassungsrang im
Grundgesetz erwähnt wird. Seine Stellung im
Gefüge der Grundrechte weist ihn in erster Linie
als Recht der Eltern auf die religiöse Erziehung
ihrer Kinder aus. Diese grundlegende Verankerung war
den Vätern des Grundgesetzes nach der
unmittelbaren Erfahrung mit der Katastrophe des
Nationalsozialismus wichtig. Sie bildet gleichzeitig
eine sinnvolle Ergänzung zur weltanschaulichen
Neutralität des Staates und seines Schulwesens.
Der Rang des ordentlichen Lehrfachs stellt klar,
daß seine Erteilung staatliche Aufgabe und
Angelegenheit ist. Er unterliegt dem staatlichen
Schulrecht und staatlicher Schulaufsicht und
genießt dieselbe Stellung wie andere
Lehrfächer. Weshalb die Länder Berlin und
Brandenburg diese Regelung des Grundgesetzes nicht
übernommen haben, wird im Folgebeitrag
erläutert. J. Schweier |